Henry Ford — Teil 2: Geschäftsanfänge

[Die Autobiographie von Henry Ford die Gründung und Bau der Ford Motor Company sowie seine Unternehmensphilosophie beschreiben. Ford war einer der weltweit größten Industriellen, Geschäftsleute, Unternehmer und Visionäre. Er führte das Fließband, Kurzarbeit, führte eine hohe Mindestlöhne, die Fünf-Tage-Woche, usw., zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ford war stark von Adolf Hitler, die treibende Kraft hinter dem Nationalsozialismus zu bewundern. Im Gegenzug wurde Ford ein Bewunderer von Hitler und sein Verständnis für die Bedrohung der Welt mit dem internationalen Judentum konfrontiert zu gleichen Teilen getragen. — KATANA]

Henry Ford - Mein Leben Und Werk - Cover

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Mein Leben und Werk

 

Henry Ford

 

 

Teil 2 

 

Henry Ford - Mein Leben Und Werk - Portrait

 

 HENRY FORD

MEIN LEBEN UND WERK

EINZIG AUTORISIERTE DEUTSCHE AUSGABE

VON

CURT UND MARGUERITE THESING

ACHTZEHNTE AUFLAGE

PAUL LIST VERLAG LEIPZIG

DRUCK VON HESSE & BECKER, LEIPZIG

1923

 

 

INHALT

Seite

 

Vorwort des Herausgebers  . . . . . . . . . . . . . . . . .  . . . . . . . . . . . . . . . VI

Einleitung Mein Leitgedanke  . . . . . . . . . . . . . . . . .  . . . . . . . . . . . . .  1

I. Kapitel. Geschäftsanfänge  . . . . . . . . . . . . . . . . .  . . . . . . . . . . . 25

II. Kapitel. Was ich vom Geschäft erlernte  . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

III. Kapitel. Das eigentliche Geschäft beginnt . . . . . . . . . . . . . . . 54

IV. Kapitel. Das Geheimnis der Produktion und des Dienens . . . 74

V. Kapitel. Die eigentliche Produktion beginnt  . . . . . . . . . . . . . . 89

VI. Kapitel. Maschinen und Menschen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  . 106

VII. Kapitel. Der Terror der Maschine  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  120

VIII. Kapitel. Löhne  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

IX. Kapitel. Warum nicht immer  gute Geschäfte machen?. . . . .153

X. Kapitel. Wie billig lassen sich Waren herstellen? . . . . . . . . . . 165

XI. Kapitel. Geld und Ware  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

XII. Kapitel. Geld — Herr oder Knecht?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

XIII. Kapitel. Warum arm sein?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215

XIV. Kapitel. Der Schlepper und elektrisch

betriebene Landwirtschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . .228

XV. Kapitel. Warum Wohltätigkeit?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

XVI. Kapitel. Die Eisenbahnen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

XVII. Kapitel. Von allem Möglichen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  274

XVIII. Kapitel. Demokratie und Industrie  . . . . . . . . . . . . . . . . . .  296

XIX. Kapitel. Von künftigen Dingen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

VI

 

 

I. KAPITEL

 

 

GESCHÄFTSANFÄNGE

 

 

 

Am 31 Mai 1921 brachte die Ford-Automobil-Gesellschaft Wagen Nr. 5000000 heraus. Er steht jetzt in meinem Museum neben dem kleinen Benzinwägelchen, an dem ich meine Versuche begann, und das zum erstenmal im Frühjahr 1898 zu meiner Zufriedenheit lief. Ich fuhr den Wagen gerade, als die Reisstaare in Dearborn einzogen, und die kehren immer am 2. April zurück. Die beiden Wagen sind in ihrer äußeren Gestalt grundverschieden und in Bau und Material fast ebenso ungleich. Nur der Grundriß ist seltsamerweise fast unverändert bis auf einige Schnörkel, die wir an unsern modernen Wagen nicht wiederaufgenommen haben. Denn jenes kleine, alte Wägelchen lief, obwohl es jiur zwei Zylinder besaß, 82 Kilometer in der Stunde und hielt bei seinem Benzinbehälter von nur 12 Litern volle 100 Kilometer aus. Und auch heute noch ist es so gut wie am ersten Tage! Die Bauart hat sich eben weniger rasch entwickelt als die Herstellungstechnik und die Materialverwendung. Vervollkommnet hat sich natürlich auch diese; der heutige Ford-Wagen — ,,Modell T“ — hat vier Zylinder, einen Selbstanlasser und ist überhaupt in jeder Hinsicht ein bequemerer und praktischerer Wagen. Er ist einfacher als sein Vorgänger, aber fast jeder Teil ist bereits in dem Urbild enthalten. Die Änderungen verdanken wir unseren Erfahrungen in der Herstellung und keineswegs einem neuen Grundprinzip — , woraus ich die wichtige Lehre ziehe, daß es besser ist, alle Kraft einzusetzen, eine gute Idee zu vervollkommnen, statt anderen, neuen Ideen nachzujagen. Eine gute Idee bietet gerade so viel, als man auf einmal bewältigen kann.

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Das Farmerleben trieb mich dazu, neue und bessere Transportmittel zu erfinden. Ich wurde am 30. Juli 1860 auf einer Farm bei Diarborn in Michigan geboren, und die ersten Eindrücke, deren ich mich entsinnen kann, waren, daß es dort, an den Resultaten gemessen, viel zu viel Arbeit gab. Auch heute habe ich in bezug auf das Farmerleben noch das gleiche Gefühl.

Es geht die Sage, daß meine Eltern sehr arm waren und es schwer hatten. Sie waren zwar nicht reich, aber von wirklicher Armut konnte nicht die Rede sein. Für Michigan Farmer waren sie sogar wohlhabend. Mein Geburtshaus steht noch und gehört mitsamt der Farm zu meinen Liegenschaften.

Auf unserer wie auf anderen Farmen gab es damals zuviel schwere Handarbeit. Schon in meiner frühesten Jugend glaubte ich, daß sich vieles irgendwie auf eine bessere Art verrichten ließe. Darum wandte ich mich der Technik zu — wie auch meine Mutter von jeher behauptete, ich sei der geborene Techniker. Ich besaß eine Werkstatt mit allen möglichen Metallteilen an Stelle von Werkzeugen, bevor ich noch etwas anderes mein eigen nennen konnte. Zu jener Zeit gab es noch kein neumodisches Spielzeug: was wir hatten, war selbst gefertigt. Meine Spielsachen waren Werkzeuge — wie auch heute noch. Jedes Stück einer Maschine war für mich ein Schatz.

Das wichtigste Ereignis jener Knaben jähre war mein Zusammentreffen mit einer Lokomobile etwa zwölf Kilometer von Detroit, als wir eines Tages zur Stadt fuhren. Ich waidamals zwölf Jahre alt. Das zweitwichtigste Ereignis, das noch in das gleiche Jahr fiel, war das Geschenk einer Uhr.

Ich kann mich an die Maschine erinnern, als wäre es gestern; war sie doch das erste nicht von Pferden gezogene Fahrzeug, das ich in meinem Leben zu Gesicht bekam, Sie war in der Hauptsache dazu bestimmt, Dreschmaschinen und Sägewerke zu treiben und bestand aus einer primitiven fahrbaren Maschine mit Kessel und einem hinten an gekoppelten Wasserbehälter und Kohlenkarren.

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Zwar hatte ich schon viele von Pferden gezogene Lokomobilen gesehen: diese jedoch hatte eine Verbindungskette zu den Hinterrädern des w^agenähnlichen Gestells, das den Kessel trug.

Die Maschine war über dem Kessel montiert, und ein einziger Mann auf der Plattform hinter dem Kessel genügte, um die Kohlen zu schaufeln und Ventil und Steuer zu bedienen. Gebaut war die Maschine von Nichols, Shepard & Company von Battle Creek. Das hatte ich sofort heraus. Man hatte gestoppt, um uns mit den Pferden vorbeizulassen, und ich war herunter vom Wagen und im Gespräch mit dem Führer, noch ehe mein Vater, der kutschierte, wußte, was eigentlich los war. Der Führer freute sich sehr, mir alles erklären zu können, denn er war stolz auf seine Maschine. Er zeigte mir, wie man die Kette vom Treibrad löste und einen kleinen Treibriemen zum Antreiben anderer Maschinen auflegte. Er erzählte mir, daß die Maschine zweihundert Umdrehungen in der Minute machte, und daß die Antriebskette sich auskuppeln ließ, um den Wagen zum Stehen zu bringen, ohne die Maschine außer Betrieb setzen zu müssen. Letzteres ist eine Einrichtung, die sich, wenn auch in veränderter Form, bei unserem modernen Automobil wiederfindet. Sie ist bei Dampfmaschinen, die sich leicht abstoppen und wieder in Gang bringen lassen, nicht von Bedeutung, um so mehr aber bei Benzinmotoren.

Jene Lokomobile ist daran schuld, daß ich in die Automobiltechnik hineingeriet. Ich versuchte, Modelle herzustellen und brachte einige Jahre später auch ein recht brauchbares zusammen. Von jener Zeit an, da ich als zwölfjähriger Junge mit der Lokomobile zusammentraf, bis auf den heutigen Tag, hat mein stärkstes Interesse dem Problem der Herstellung einer selbsttätig fahrbaren Maschine gegolten.

Wenn ich zur Stadt fuhr, hatte ich die Taschen stets voller Krimskrams: Schraubenmuttern und Eisenteilchen.

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Nicht selten bekam ich kaputte Uhren in die Hände, die ich dann zusammenzusetzen versuchte. Mit dreizehn Jahren gelang es mir zum erstenmal eine Uhr zusammenzusetzen, so daß sie richtig ging. Mit fünfzehn Jahren konnte ich fast jede Uhr reparieren, — obgleich meine Werkzeuge ganz primitiv waren. Solche Bastelei ist ungeheuer vv^ertvoU; aus Büchern läßt sich nichts Praktisches lernen, — Maschinen sind für einen Techniker das gleiche wie Bücher für einen Schriftsteller, und der echte Mechaniker müßte eigentlich von fast allem wissen, wie es hergestellt wird. Daraus schöpft er Ideen, und wenn er einen Kopf hat, wird er versuchen sie anzuwenden.

Von Anfang an vermochte ich der Farmerarbeit kein sonderliches Interesse abzugewinnen. Ich wollte mit Maschinen zu tun haben. Mein Vater war nicht ganz einverstanden mit meinem Hang zur Mechanik. Er wollte, daß ich Farmer würde. Als ich mit siebzehn Jahren aus der Schule kam und als Lehrling in die mechanische Werkstatt der Drydocks Engine Works eingestellt wurde, hielt man mich fast für verloren. Ich absolvierte meine Lehrjahre leicht und mühelos — das heißt, ich hatte mir alle für einen Maschinenbauer erforderlichen Kenntnisse bereits lange vor Ablauf meiner dreijährigen Lehrzeit angeeignet — und da ich außerdem noch eine Vorliebe für Feinmechanik und eine besondere Neigung zu Uhren besaß, arbeitete ich des Nachts in der Reparaturwerkstatt eines Juweliers. Zu einer Zeit besaß ich in jenen Jugendjahren, wenn ich nicht irre, über dreihundert Uhren. Ich glaubte, für rund dreißig Cents bereits eine brauchbare Uhr herstellen zu können und wollte ein derartiges Geschäft anfangen. Ich unterließ es jedoch, weil ich mir ausrechnete, daß Uhren im allgemeinen nicht zu den unbedingten Notwendigkeiten des Lebens gehörten, und daß daher nicht alle Leute sie kaufen würden. Wie ich zu diesem erstaunlichen Schluß gelangle, weiß ich nicht mehr genau.

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Ich mochte die gewöhnliche Juwelier- und Uhrmacherarbeit, außer wenn sie besonders schwierige Aufgaben stellte, nicht leiden. Schon damals wollte ich irgendeinen Massenartikel herstellen. Es war ungefähr um die Zeit, als in Amerika eine allgemeine Standardzeit für den Eisenbahnverkehr aufgestellt wurde. Bis dahin hatte man sich nach der Sonne gerichtet, und lange war die Eisenbahnzeit, genau wie heute, nach Einführung der Sommerzeit von der Lokalzeit verschieden. Das machte mir viel Kopfzerbrechen, und es gelang mir, eine Uhr herzustellen, die beides anzeigte. Sie hatte ein doppeltes Zifferblatt und galt in der ganzen Nachbarschaft als eine Art Kuriosum.

1879 — rund vier Jahre nach meinem ersten Zusammentreffen mit der Nichols-Shepard-Lokomobile — verschaffte ich mir die Gelegenheit, eine Lokomobile zu fahren, und als meine Lehrzeit zu Ende war, arbeitete ich mit dem Lokalvertreter der Westinghouse Company von Shenectady zusammen als Sachverständiger für Montage und Reparatur ihrer Lokomobilen. Ihre Maschinen waren denen der Nichols-Shepard Company sehr ähnlich, ausgenommen, daß hier die Maschine vorn und der Kessel hinten montiert war, wobei die Kraft durch einen Treibriemen auf die Hinterräder übertragen wurde. Sie legten in einer Stunde bis zu 20 Kilometer zurück, obgleich die motorische Fortbewegung bei der Konstruktion doch nur eine Nebenrolle spielte.

Mitunter wurden sie auch als Schlepper für schwere Lasten benutzt, und wenn der Besitzer zufällig gleichzeitig mit Dreschmaschinen arbeitete, kuppelte er seine Dreschmaschine und sonstige Gerätschaften einfach an die Lokomobile an und zog damit von Farm zu Farm. Was mir zu denken gab, waren Gewicht und Kosten der Lokomobilen, Sie wogen mehrere Tonnen und waren so teuer, daß nur ein Großgrundbesitzer sie sich anschaffen konnte. Meist waren ihre Besitzer Leute, die das Dreschen als Geschäft betrieben, oder Sägewerkbesitzer und andere Geschäftsleute, die fahrbare Motore brauchten.

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Schon vor dieser Zeit war mir die Idee gekommen, irgendeine Art von leichtem Dampfwagen zu bauen, der die Pferde ersetzen sollte, — vornehmlich jedoch als Schlepper bei der übermäßig harten Arbeit des Pflügens. Gleichzeitig fiel mir, wie ich mich noch dunkel erinnere, ein, daß sich genau das gleiche Prinzip doch auch auf Wagen und andere Verkehrsmittel anwenden ließe. Ein pferdeloser Wagen war eine ganz allgemein verbreitete Idee. Seit vielen Jahren — ja seit der Erfindung der Dampfmaschine — war von einem Wagen ohne Pferde die Rede gewesen; anfänglich jedoch erschien mir die Idee eines Fuhrwerkes nicht so praktisch wie die einer Maschine zur Verrichtung der schwereren Landarbeit, — und von allen Landarbeiten war das Pflügen die schwerste. Unsere Wege waren schlecht, und wir waren nicht daran gewöhnt, viel herumzufahren. Eine der größten Errungenschaften des Automobils ist die wohltätige Wirkung, die es auf den Gesichtskreis des Farmers ausübt. Es hat ihn wesentlich erweitert. Es verstand sich von selbst, daß wir nicht zur Stadt fuhren, wenn es dort nichts Wichtiges zu erledigen gab, und auch dann machten wir kaum häufiger als einmal die Woche den Weg; bei schlechtem Wetter mitunter sogar noch seltener.

Als ausgelernter Maschinenbauer, dem auf der Farm eine recht leidliche Werkstatt zur Verfügung stand, fiel es mir nicht schwer, einen Dampf wagen oder Schlepper zu bauen. Dabei kam mir die Idee, ihn auch als Verkehrsmittel auszugestalten. Ich war fest überzeugt, daß Pferde in Anbetracht der Mühe und Kosten ihres Unterhaltes unrentabel waren. Also galt es, eine Dampfmaschine zu erfinden und zu bauen, leicht genug, um einen gewöhnlichen Wagen oder Pflug zu ziehen. Der Schlepper schien mir am wichtigsten. Die schwere harte Farmerarbeit von Fleisch und Blut auf Stahl und Eisen zu übertragen, ist von jeher mein größter Ehrgeiz gewesen.

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Die Verhältnisse sind schuld daran, daß ich mich zuerst der eigentlichen Produktion von Fahrzeugen zuwandte. Ich fand schließlich, daß die Menschen größeres Interesse für ein Gefährt bezeugten, mit dem sie die Landstraßen bereisen konnten, als für ein Werkzeug zur Landarbeit. Ja, ich bezweifle sogar, ob sich der leichte Farm-Schlepper eingebürgert hätte, wären dem Farmer nicht zuvor die Augen durch das Automobil langsam aber sicher geöffnet worden. Aber damit greife ich meiner Geschichte vor. Ich glaubte, der Farmer würde sich mehr für den Schlepper interessieren.

Ich baute einen Wagen mit Dampfbetrieb. Er funktionierte. Der Kessel wurde mit Petroleum geheizt; die Motorkraft war groß und die Regelung mittels Drosselventil einfach, ordentlich und zuverlässig. Aber der Kessel war gefährlich. Um die erforderliche Kraftleistung zu erzeugen, ohne Gewicht und Umfang der Maschinenanlage zu sehr zu erhöhen, mußte die Maschine mit hohem Druck betrieben werden. Nun ist es aber nicht gerade angenehm, auf einem unter Hochdruck stehenden Dampfkessel zu sitzen. Um ihn auch nur einigermaßen betriebssicher herzustellen, mußte man sein Gewicht derart erhöhen, daß dadurch der durch den Hochdruck erzielte Gewinn wieder aufgehoben wurde. Zwei Jahre lang setzte ich meine Experimente mit den verschiedensten Kesselanlagen fort — Kraftleistung und Regelung boten keine Schwierigkeiten — und schließlich gab ich die ganze Idee eines mit Dampf betriebenen Straßengefährltes auf. Ich wußte, daß die Engländer auf ihren Landstraßen Dampf wagen hallen, die eigentlich Lokomotiven waren und ganze Wagenzüge zu schleppen hatten. Es war auch nicht schwer, einen schweren Dampfschlepper zur Verwendung auf einer großen Farm zu bauen. Aber wir besaßen nicht die englischen Landstraßen. Unsere Wege hätten den größten und stärksten Dampfwagen kaputt gemacht. Und einen schweren Schlepper zu bauen, den nur einige wohlhabende Farmer kaufen konnten, schien mir nicht lohnend genug.

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Aber die Idee eines pferdelosen Wagens gab ich nicht auf. Meine Arbeit mit dem Vertreter von Westinghouse verstärkte nur noch meine Überzeugung, daß der Dampfbetrieb für leichte Fahrzeuge ungeeignet war. Das ist der Grund, weshalb ich bei der Gesellschaft nur ein Jahr aushielt. Aus den schweren Dampfmaschinen und Schleppern war nichts mehr zu lernen, und ich hatte keine Lust, auf eine Arbeit, die zu nichts führte, Zeit zu verschwenden.

Einige Jahre vorher, in meiner Lehrlingszeit, hatte ich in der „World of Science“, einer englischen Zeitschrift, von dem ,,geräuschlosen Gasmotor“ gelesen, der damals gerade in England aufkam. Ich glaube, es war der Ottomotor. Er wurde mit Leuchtgas betrieben, hatte einen großen Zylinder, der Antrieb war daher unregelmäßig und bedingte ein ungewöhnlich schweres Schwungrad. Was das Gewicht anbetraf, so leistete er pro Kilo Maschinengewicht bei weitem nicht das Gleiche wie eine Dampfmaschine, und der Gebrauch von Leuchtgas schien die Möglichkeit einer Verwendung für Fahrzwecke überhaupt auszuschließen. Er interessierte mich nur wie alle Maschinen. Ich verfolgte die Entwicklung dieses Motors in den englischen und amerikanischen Zeitschriften, die zu uns in die Werkstatt gerieten, insbesondere jede Andeutung einer Möglichkeit, den Leuchtgasbetrieb durch ein aus Benzindämpfen erzeugtes Gas zu ersetzen. Der Gedanke eines Gasmotors war keineswegs neu, aber hier lag zum erstenmal ein ernster Versuch vor, ihn auf den Markt zu bringen. Man brachte ihm mehr Interesse als Begeisterung entgegen, und ich kann mich keines einzigen Menschen entsinnen, der glaubte, daß ein Explosionsmotor weitere Verbreitung finden würde. Alle klugen Leute bewiesen einwandfrei, daß ein derartiger Motor nicht mit der Dampfmaschine konkurieren könnte, Sie glaubten nicht im entferntesten daran, daß er sich noch einmal ein eigenes Feld erobern würde.

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Das ist so die Art der klugen Leute — sie sind so klug und erfahren, daß sie stets bis aufs letzte Tüpfelchen wissen, warum etwas undurchführbar ist; sie sehen die Begrenzungen. Darum stelle ich auch niemals einen reinrassigen Sachverständigen an. Wollte ich der Konkurrenz durch unlautere Mittel den Garaus machen, so würde ich sie mit Sachverständigen überschütten. Sie würde bei der Unmenge von guten Ratschlägen zu keiner Arbeit kommen.

Der Gasmotor interessierte mich, und ich verfolgte seine Entwicklung. Doch geschah dies lediglich aus Neugier bis ungefähr zu den Jahren i885 oder 1886, als ich die Dampfmaschine als Antriebskraft für den Wagen, den ich eines schönen Tages bauen wollte, fallen ließ und mich nach einer neuen motorischen Kraft umsehen mußte. i885 reparierte ich einen Ottomotor in den Eagle Eisenwerkstätten zu Detroit. In der ganzen Stadt gab es niemand, der etwas davon verstand. Es hieß, daß ich es könnte, und obgleich ich bisher niemals mit einem Ottomotor zu tun gehabt hatte, übernahm ich doch die Arbeit und führte sie glücklich durch. So erhielt ich Gelegenheit, den neuen Motor aus erster Hand zu studieren, und 1887 konstruierte ich mir ein Modell nach dem vorliegenden Viertaktmodell, nur um zu sehen, ob ich das Prinzip wirklich verstanden hätte. „Viertakt“ heißt, daß der Kolben viermal im Zylinder aufund niedergehen muß, um einen Kraftimpuls zu erzeugen. Der erste Hub saugt das Gas an, der zweite komprimiert es, der dritte bringt es zur Explosion und der vierte pufft das verbrannte Gas aus. Das kleine Modell arbeitete recht gut: es hatte 2 Millimeter Bohrung und einen Kolbenhub von 76 Millimeter, arbeitete mit Benzin und erzeugte zwar nicht \4el Energie, war aber im Verhältnis leichter als alle bisher auf dem Markt vorhandenen Maschinen. Ich verschenkte ihn später an einen jungen Mann, der ihn für irgendeinen Zweck haben wollte, und dessen Namen ich vergessen habe. Der Motor wurde auseinandergenommen. Er bildete den Ausgangspunkt meiner weiteren Arbeiten an Explosionsmotoren.

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Damals befand ich mich wieder auf der Farm, zu der ich zurückgekehrt war, weniger um Farmer zu werden, als um meine Versuche fortzusetzen. Als ausgelernter Maschinenbauer hatte ich jetzt eine erstklassige Werkstatt an Stelle der Puppenwerkstatt meiner Knabenjahre. Mein Vater bot mir i6 Hektar Wald an für den Fall, daß ich meine Maschinen aufgäbe. Ich stimmte provisorisch zu, denn die Holzfällertätigkeit bot mir die Gelegenheit zu heiraten. Ich richtete mir ein Sägewerk ein, schaffte mir einen fahrbaren Motor an und begann das Holz in meinem Walde zu schlagen und zu schneiden. Ein Teil seiner ersten Bretter und Balken wurden zu einem Häuschen auf unserer neuen Farm verwandt; — das war der Anfang unseres Ehelebens. Das Haus war nicht groß, — nur einunddreißig Fuß im Quadrat mit anderthalb Stockwerken, — aber es war gemütlich. Ich baute meine Werkstatt daneben, — und wenn ich nicht dabei war. Bäume zu fällen, arbeitete ich an den Gasmaschinen und lernte ihre Beschaffenheit und ihre Funktionen. Ich las alles, was mir in die Hände kam, aber das meiste lernte ich doch aus meiner Arbeit. Eine Gasmaschine ist ein geheimnisvolles Ding — sie geht nicht immer wie sie soll. Man stelle sich vor, wie diese ersten sich benahmen!

1890 begann ich an den ersten Zweizylindrigen zu arbeiten. Der Einzlindermotor war für Transportzwecke ganz unbrauchbar — das Schwungrad war viel zu schwer. Nach Vollendung des ersten Viertaktmotors nach Art des Ottotyps und noch bevor ich mich an den Zweizylindrigen heranwagte, hatte ich eine ganze Reihe Maschinen zu Experimentierzwecken aus Eisenröhren hergestellt, Ich kannte mich daher so ziemlich ans. leb war der Ansicht, daß sich der Doppelzylindermotor für Fahrzwecke nutzbar machen ließe und hatte ursprünglich die Idee, ilm an einem Fahrrad anzubringen mit einer direkten Verbindung zur Schubstange, wobei das Hinterrad des Fahrrades als Schwungrad diente.

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Die Schnelligkeit sollte ausschließlich durch die Gasdrossel reguliert werden. Ich führte den Plan jedoch niemals durch, da es sich sehr bald herausstellte, daß der Motor mit Brennstoffbehälter und dem übrigen Zubehör viel zu schwer für ein Fahrrad war. Die beiden Komplementärzylinder hatten den Vorzug, daß im Augenblick der Explosion in dem einen Zylinder in dem anderen die verbrannten Gase ausgepufft wurden. Dadurch ließ sich das zur Regelung der Kraft erforderliche Gewicht des Schwungrades vermindern. Die Arbeit wurde in meiner Werkstatt auf der Farm begonnen. Bald darauf wurde mir jedoch die Stellung eines Ingenieurs und Maschinisten bei der Detroiter Elektrizitätsgesellschaft mit einem Monatsgehalt von 45 Dollar angeboten. Ich nahm sie an, da sie mir mehr einbrachte als meine Farm, und ich mich ohnehin entschlossen hatte, den Farmer an den Nagel zu hängen. Die Bäume waren alle gefällt. Wir mieteten uns ein Haus in Bagley Avenue, Detroit. Die Werkstatt wanderte mit und wurde in einem Ziegelschuppen hinter dem Haus aufgeschlagen. Mehrere Monate arbeitete ich in der Nachtschicht der Elektrizitätsgesellschaft — wodurch mir nur sehr wenig Zeit für meine Arbeit blieb — später jedoch ging ich zur Tagesschicht über, und nun arbeitete ich allabendlich und die ganze Nacht zum Sonntag hindurch an meinem neuen Motor. Ich kann nicht einmal behaupten, daß die Arbeit schwer war. Nichts, was uns wirklich interessiert, fällt uns schwer. Meines Erfolges war ich sicher. Der kann nicht ausbleiben, wenn man nur genug arbeitet. Trotzdem war es ungeheuer viel wert, daß meine Frau noch fester an ihn glaubte als ich. So ist sie immer gewesen.

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Ich mußte von der Pike auf beginnen, — das heißt, ich wußte zwar, daß eine ganze Reihe von Leuten an dem pferdelosen Wagen arbeitete, konnte aber nichts Näheres darüber erfahren. Die größten Schwierigkeiten bereiteten mir Erzeugung und Auslösung des Funkens und das Gewichtsproblem. Bei der Kraftübertragung, Steuerung und dem allgemeinen Aufbau kamen mir meine Erfahrungen bei den Dampf Schleppern zugute. 1892 stellte ich mein erstes Automobil fertig, aber es dauerte bis zum nächsten Frühjahr, bevor es zu meiner Zufriedenheit lief. Mein erster Wagen glich in seiner äußeren Gestalt etwas einem Bauernwägelchen. Er hatte zwei Zylinder mit 63 Millimeter Bohrung und 152 Millimeter Kolbenhub nebeneinander über der Hinterachse aufmontiert. Ich hatte sie aus dem Auspuffrohr einer von mir erworbenen Dampfmaschine verfertigt. Sie entwickelten rund vier Pferdekräfte. Die Kraft wurde vom Motor durch einen Riemen auf die Zwischenwelle und durch eine Kette von dieser auf das Hinterrad übertragen. Der Wagen faßte zwei Personen, wobei der Sitz an zwei Pfosten aufgehängt war und der Rumpf auf elliptischen Federn ruhte. Er hatte zwei Gänge — einen für sechzehn und einen für zweiunddreißig Kilometer die Stunde — die durch Verschiebung des Riemens eingeschaltet wurden. Das geschah durch eine vor dem Führersitz angebrachte Hebelstange mit Griff. Nach vorn geschoben, wurde der große Gang eingeschaltet; nach rückwärts, der kleine Gang; bei senkrechter Stellung der Freilauf. Um den Wagen in Gang zu bringen, mußte man den Motor bei Freilaufstellung mit der Hand ankurbeln. Zum Halten war nichts weiter nötig, als den Hebel loszulassen und die Fußbremse anzuziehen. Einen Rückwärtsgang gab es nicht, und andere Schnelligkeiten als die der beiden Gänge wurden durch Gaszufuhr und -abdroßlung erzielt. Die Eisenteile für das Wagengerüst, sowie Sitz und Federn halle ich gekauft. Die Räder waren Fahrradräder mit Gummibereifung von 70 Zentimeter Durchmesser. Das Steuerrad hatte ich nach einer selbstgefertigten Form gegossen und auch den ganzen feineren Mechanismus selbst konstruiert. Sehr bald stellte es sich aber heraus, daß noch ein Ausgleichsmechanismus fehlte, um die lebendige Kraft beim Kurvenfahren auf die beiden Hinterräder gleichmäßig zu verteilen. Der ganze Wagen wog rund 225 Kilogramm. Unter dem Sitz befand sich der zwölf Liter fassende Benzinbehälter, der durch eine kleine Röhre und einen Vergaser den Motor speiste.

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Die Zündung erfolgte durch elektrischen Funken. Der Motor hatte ursprünglich Luftkühlung — oder, um genauer zu sein, überhaupt keine Kühlung. Ich fand, daß er sich nach ein- bis zweistündiger Fahrt heißgelaufen hatte, — so legte ich denn sehr bald einen Wassermantel um den Zylinder, den ich durch ein Rohr mit einem hinten am Wagen befindlichen Behälter verband.

Alle diese Einzelheiten hatte ich mir mit geringen Ausnahmen im voraus ausgedacht. So habe ich es bei meiner Arbeit immer gehalten. Ich zeichne zuerst einen Plan, in dem jedes Detail fertig ausgearbeitet ist, ehe ich zu bauen anfange. Sonst verschwendet man im Laufe der Arbeit viel Material mit Notbehelfen, und zum Schluß greifen die Einzelteile aus Mangel an Proportion doch nicht gut ineinander. Viele Erfinder haben kein Glück, weil sie nicht zwischen planmäßiger Arbeit und Experimentieren zu unterscheiden vermögen. Die größten Bauschwierigkeiten lagen in der Beschaffung des richtigen Materials. Dann kam die Werkzeugfrage. Zwar waren noch einige Änderungen und Verbesserungen im einzelnen nötig, was mich jedoch am meisten aufhielt, war der Mangel an Geld und Zeit, um für jeden einzelnen Teil das beste Material auszusuchen. Im Frühjahr 1898 jedoch war die Maschine weit genug gediehen, um einigermaßen zu meiner Zufriedenheit zu laufen, wobei ich eine weitere Gelegenheit erhielt, Bauart und Material des Wagens auf den Landstraßen zu erproben.

 

 

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Version 1: Published Jul 27, 2015

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Knowledge is Power in Our Struggle for Racial Survival

(Information that should be shared with as many of our people as possible — do your part to counter Jewish control of the mainstream media — pass it on and spread the word) … Val Koinen at KOINEN’S CORNER

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