[Die Autobiographie von Henry Ford die Gründung und Bau der Ford Motor Company sowie seine Unternehmensphilosophie beschreiben. Ford war einer der weltweit größten Industriellen, Geschäftsleute, Unternehmer und Visionäre. Er führte das Fließband, Kurzarbeit, führte eine hohe Mindestlöhne, die Fünf-Tage-Woche, usw., zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ford war stark von Adolf Hitler, die treibende Kraft hinter dem Nationalsozialismus zu bewundern. Im Gegenzug wurde Ford ein Bewunderer von Hitler und sein Verständnis für die Bedrohung der Welt mit dem internationalen Judentum konfrontiert zu gleichen Teilen getragen. — KATANA]
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Mein Leben und Werk
Henry Ford
Teil 7
HENRY FORD
MEIN LEBEN UND WERK
EINZIG AUTORISIERTE DEUTSCHE AUSGABE
VON
CURT UND MARGUERITE THESING
ACHTZEHNTE AUFLAGE
PAUL LIST VERLAG LEIPZIG
DRUCK VON HESSE & BECKER, LEIPZIG
1923
INHALT
Seite
Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI
Einleitung Mein Leitgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
I. Kapitel. Geschäftsanfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
II. Kapitel. Was ich vom Geschäft erlernte . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
III. Kapitel. Das eigentliche Geschäft beginnt . . . . . . . . . . . . . . . 54
IV. Kapitel. Das Geheimnis der Produktion und des Dienens . . . 74
V. Kapitel. Die eigentliche Produktion beginnt . . . . . . . . . . . . . . 89
VI. Kapitel. Maschinen und Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
VII. Kapitel. Der Terror der Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
VIII. Kapitel. Löhne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
IX. Kapitel. Warum nicht immer gute Geschäfte machen?. . . . .153
X. Kapitel. Wie billig lassen sich Waren herstellen? . . . . . . . . . . 165
XI. Kapitel. Geld und Ware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
XII. Kapitel. Geld — Herr oder Knecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
XIII. Kapitel. Warum arm sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215
XIV. Kapitel. Der Schlepper und elektrisch
betriebene Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . .228
XV. Kapitel. Warum Wohltätigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
XVI. Kapitel. Die Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
XVII. Kapitel. Von allem Möglichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
XVIII. Kapitel. Demokratie und Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
XIX. Kapitel. Von künftigen Dingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
VI
VI. KAPITEL
MASCHINEN UND MENSCHEN
Das größte Übel und Hindernis, das es bei einem Arbeitszusammenschluß einer großen Anzahl Menschen zu bekämpfen gilt, sind ein Übermaß von Organisation und die daraus resultierende Yerzopfung. Für mein Gefühl gibt es keine gefährlichere Veranlagung als die des sogenannten, Organisationsgenies“ . Gewöhnlich führt sie zu der Erschaffung eines riesigen Schemas, das nach Art der Familienstammbäume Verzweigung und Verästelung der Autorität bis in ihre letzten Glieder darstellt. Der ganze Stamm ist mit hübschen runden Beeren behangen, die sämtlich den Namen einer Persönlichkeit oder eines Amtes führen. Jeder hat einen Titel und gewisse Funktionen zu versehen, die sich streng auf Umfang und Wirkungskreis seiner Beere beschränken.
Will ein Gruppenführer das Ohr seines Direktors erreichen, so führt sein Weg über den Unterwerkführer, den Werkführer, Abteilungsvorsteher und über sämtliche Hilfsdirektoren. Bis er seinen Mann erreicht, gehört das, was er hat sagen wollen, aller Wahrscheinlichkeit nach bereits der Geschichte an. Sechs Wochen vergehen, bis die Eingabe eines Beamten aus der Beere unten links in der Ecke des großen Autoritätsstammbaumes zu dem Vorsitzenden oder Präsidenten des Aufsichtsrates gelangt. Ist sie aber glücklich bis zu diesem Gewaltigen vorgedrungen, so hat ihr Umfang sich lawinenartig durch einen Berg Kritiken, Vorschläge und Kommentare vergrößert. Nur selten gelangt eine Sache zur „offiziellen Begutachtung“, bevor nicht bereits der eigentliche Zeitpunkt zu ihrer Durchführung verstrichen ist. Die Akten wandern von Hand zu Hand, und jeder sucht die Verantwortung auf seinen Nebenmann abzuschieben, — nach dem bequemen Grundsatz, daß zwei Köpfe besser sind als einer.
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Nach meiner Meinung ist ein Unternehmen aber keine Maschine. Es stellt vielmehr eine Arbeitsgemeinschaft von Menschen dar, deren Aufgabe, wie gesagt, die Arbeit und nicht das Wechseln von Briefen ist. Die eine Abteilung braucht durchaus nicht zu wissen, was in der anderen vorgeht. Wer sich ernsthaft um seine Arbeit kümmert, wird gar nicht die Zeit finden, andere Arbeit zu verrichten. Sache der leitenden Persönlichkeiten, die den ganzen Arbeitsplan entwerfen, ist es, darauf zu achten, daß sämtliche Abteilungen folgerichtig auf ein gemeinsames Ziel hin arbeiten. Versammlungen zur Herbeiführung eines guten Einvernehmens zwischen den einzelnen Persönlichkeiten oder Abteilungen sind gänzlich überflüssig. Um Hand in Hand zu arbeiten, braucht man sich nicht zu lieben. Allzuviel Kameradschaftlichkeit kann sogar von Übel sein, wenn sie dazu führt, daß der eine die Fehler des andern zu decken sucht. Das ist dann für beide Teile schlecht.
Wenn wir arbeiten, müssen wir es ernsthaft tun; genießen wir, dann gleichfalls in vollen Zügen. Es hat keinen Zweck, das eine mit dem anderen zu verquicken. Das alleinige Ziel sollte sein, gute Arbeit zu leisten und dafür gut bezahlt zu werden. Ist die Arbeit erledigt, dann ist es Zeit für Vergnügungen. So kommt es, daß die Ford-Fabriken und Unternehmungen keine Organisation, keine Posten mit besonderen Verpflichtungen, kein ausgebildetes Autoritätssystem, nur sehr wenige Titel und keinerlei Konferenzen kennen. Wir haben nur so viel Bureauangestellte, als unbedingt erforderlich sind; Akten irgendwelcher Art gibt es nicht, folglich auch keinen Zopf.
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Wir machen jeden Einzelnen restlos verantwortlich. Jeder Arbeiter kommt für seine Arbeit auf. Der Gruppenführer ist für die ihm unterstellten Arbeiter, der Werkführer für seine Gruppe, der Abteilungsvorsteher für seine Abteilung, der Direktor für die ganze Fabrik verantwortlich. Jeder hat zu wessen, was um ihn herum vorgeht. Die Bezeichnung „Direktor“ ist aber kein offizieller Titel. Die Fabrik untersteht seit Jahren einem einzigen Leiter. Ihm stehen zwei Männer zur Seite, die niemals irgendeinen bestimmten Wirkungskreis zugewiesen erhalten, dafür aber selbständig die Leitung gewisser Abteilungen an sich genommen haben. Diese verfügen wieder über einen Stab von etwa einem halben Dutzend Mitarbeitern, die sämtlich auch keine besonderen Verpflichtungen haben. Sie haben sich ihre Arbeit ausgesucht — ihr Pflichtenkreis ist keineswegs fest umgrenzt. Sie greifen dort ein, wo es nötig ist. Der eine ist hinter den Beständen her — der andere hat sich der Inspektion bemächtigt usw.
Das sieht auf den ersten Blick zweifelhaft und zufallmäßig aus, ist es aber nicht. Für eine Gruppe von Menschen, die nur das eine Ziel kennen: zu arbeiten und zu schaffen, ergibt sich der Weg von selbst. Sie geraten auch nicht ihrer Machtbefugnisse wegen aneinander, da sie auf Titel keinen Wert legen. Stünden ihnen Bureaus mit allem Drum und Dran zur Verfügung, so würden sie binnen kurzem ihre Zeit mit Bureauarbeit und mit Spintisieren darüber ausfüllen, warum ihr Bureau nicht besser sei als das des Herrn Nachbars.
Da es bei uns keine Titel und keine Amtsbefugnisse gibt, gibt es auch keinen Zopf und keine Übergriffe. Jeder Arbeiter hat zu jedem Zutritt, ja, diese Methode ist so sehr zur Gewohnnheit geworden, daß ein Werkführer nicht einmal gekränkt ist, wenn einer seiner Arbeiter sich direkt über seinen Kopf weg an den Fabrikleiter wendet. Allerdings wird dem Arbeiter auch selten Gelegenheit zu Beschwerden gegeben, denn die Werkführer wissen so genau, wie sie ihren Namen kennen, daß jede Ungerechtigkeit sehr bald an den Tag kommt und daß sie dann aufgehört haben, Werkführer zu sein. Ungerechtigkeit gehört bei uns zu den Dingen, die nicht geduldet werden. Ist einem Mann seine Würde zu Kopf gestiegen, so wird er entlarvt und wandert entweder hinaus oder an die Maschine zurück.
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Ein großer Teil der Arbeiterunruhen ist durch Mißbrauch der an untergeordneten Stellen ausgeübten Autorität entstanden, und es gibt, wie ich fürchte, sehr viele Fabrikbetriebe, in denen die Arbeiter niemals zu ihrem Rechte kommen.
Die Arbeit, einzig und allein die Arbeit, ist unsere Leiterin und Führerin. Das ist auch einer der Gründe für unsere Titellosigkeit. Die meisten Menschen können eine Arbeit bewältigen, lassen sich aber von einem Titel glatt umwerfen. Titel üben die seltsamsten Wirkungen aus. Gar zu häufig dienen sie als Aushängeschilder für eine Emanzipation von der Arbeit. Ein Titel kommt nicht selten einem Abzeichen gleich mit dem Wahlspruch:
„Inhaber dieses hat nichts anderes zu tun als sich selbst für bedeutend und alle übrigen für minderwertig zu halten!“
Leider hat ein Titel häufig nicht nur für den Träger, sondern auch für die Mitwelt nachteilige Folgen. Wohl die meiste persönliche Unzufriedenheit auf dieser Welt entspringt der Tatsache, daß die Titel und Würdenträger in Wahrheit nicht immer die eigentlichen Führer sind. Jeder ist bereit, den geborenen Führer — den Mann, der denken und befehlen kann — anzuerkennen. Stößt man einmal auf einen wirklichen Führer, der zugleich Inhaber eines Titels ist, so wird man sich bei jemand anderen nach seinem Titel erkundigen müssen. Er selbst trägt ihn nicht zur Schau.
Man hat im Geschäftsleben zu viel Wert auf Titel gelegt, und das Geschäft selbst hat darunter gelitten. Eine der üblen Folgen hiervon ist die Aufteilung der Verantwortlichkeit unter die verschiedenen Titelinhaber, das geht oft so weit, daß jede Verantwortung überhaupt aufhört.
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Dort, wo die Verantwortlichkeit unter vielen Ressorts in viele kleine Teile zersplittert ist, wobei jedes Ressort seinem Chef untersteht, der wiederum von einer Korona von Unterbeamten mit hübschen, wohlklingenden Titeln umgeben ist, findet man kaum jemand, der sich wirklich verantwortlich fühlt. Jeder weiß, was es heißt, das Heft von einem zum andern wandern zu lassen. Dieses Spiel wird in jenen industriellen Betrieben erfunden worden sein, wo die verschiedenen Abteilungen die Verantwortung einfach aufeinander abwälzen. Das Wohl und Wehe eines Betriebes hängt davon ab, daß jedes einzelne Mitglied — unbeschadet seiner Stellung — sich bewußt ist, daß alles, was zum Wohlergehen des Betriebes beiträgt, wenn es ihm zufällig unter die Augen kommt, seine eigne, höchst persönliche Sache ist. Ganze Eisenbahngesellschaften sind unter den Augen der Departements zum Teufel gegangen, nur weil es hieß:
„Ja, das fällt nicht in unser Departement. Das hundert Meilen entfernte Departement X ist dafür verantwortlich.“
Den Beamten wurde so oft der gute Rat gegeben, sich nicht hinter ihren Titeln zu verbergen. Allein die Notwendigkeit derartiger Ratschläge bezeugt einen Zustand, dem mit bloßen Hinweisen nicht mehr abzuhelfen ist. Die Abhilfe besteht nur in einem: schafft die Titel ab! Einige sind vielleicht gesetzeshalber notwendig, andere erfüllen den Zweck, dem Publikum als Wegweiser zu dienen, — für die übrigen aber gilt die einfache Regel: „Fort mit ihnen!“
Tatsächlich ist die heutige Geschäftslage sehr günstig, um mit der bisherigen Titel Wirtschaft aufzuräumen. Keiner wird sich rühmen, Direktor eines bankerotten Bankinstitutes zu sein. Der Kurs, den das Geschäftsleben steuerte, war nicht so glänzend, um den Leuten am Steuer viel Ruhm einzutragen. Die heutigen Titelträger, die etwas wert sind, sind dabei, ihre Titel zu vergessen, zu den primitiven Grundlagen des Geschäftes zurückzukehren und nachzuforschen, wo die Fehler des Ganzen liegen.
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Sie haben sich an die Posten zurückbegeben, von denen sie aufgestiegen sind — um zu versuchen, von Grund aus aufzubauen. Und wer wirklich arbeitet, braucht auch keinen Titel. Seine Arbeit ehrihn zur Genüge.
Unser sämtliches Personal wird sowohl für die Fabrik wie für die Bureaus durch die verschiedenen Angestelltenabteilungen eingestellt. Wie bereits erwähnt, engagieren wir niemals einen Sachverständigen. Ebenso muß jeder auf der untersten Arbeitsstufe anfangen, — bisherige Erfahrungen gelten bei uns nichts. Da wir auf die Vergangenheit unserer Arbeitnehmer keinerlei Wert legen, gereicht sie ihnen auch niemals zum Nachteil. Ich persönlich bin noch nie einem durch und durch schlechten Menschen begegnet. Etwas Gutes steckt in jedem Menschen — man muß ihm nur Gelegenheit zur Entfaltung geben. Das ist der Grund, weshalb wir niemals nach der Vorgeschichte eines Arbeitsuchers fragen — wir mieten ja nicht seine Vergangenheit, sondern den Menschen. Hat er im Gefängnis gesessen, so ist das kein Grund für die Annahme, daß er wieder hineinwandern wird. Ich glaube im Gegenteil, er wird sich, wenn man ihm nur die Möglichkeit dazu verschafft, besondere Mühe geben, nicht wieder hineinzugeraten. Unser Angestelltenbureau schlägt daher niemals jemanden auf Grund seiner bisherigen Lebensführung aus, — ob er nun von Harvard oder von Sing-Sing kommt, gilt uns gleich; wir fragen nicht einmal danach. Er braucht nichts weiter zu haben, als den Wunsch zu arbeiten. Hat er den nicht, so wird er aller Wahrscheinlichkeit nach sich nicht um eine Stellung bei uns bewerben, denn im allgemeinen weiß man ziemlich genau, daß in den Fordwerken gearbeitet wird.
Um es zu wiederholen: wir fragen nicht nach dem, was ein Mann gewesen ist. Hat er die Universität besucht, so kommt er im allgemeinen rascher vorwärts als sonst, aber er muß trotzdem von unten anfangen und erst zeigen, was er kann. Jeder hat seine Zukunft selbst in der Hand. Es wird viel zu viel über das Verkanntsein geredet. Bei uns earhält jeder so ziemlich sicher genau den Grad von Anerkennung, den er verdient.
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Natürlich liegt in diesem Drang nach Anerkennung einiges, womit man rechnen muß: Unser gesamtes industrielles Leben hat den Trieb nach Anerkennung in einem Grade gesteigert und verzerrt, daß er fast an Besessenheit grenzt. Es gab einmal eine Zeit, in der eines Menschen Vorwärtskommen vollständig und unmittelbar von seiner Arbeit und nicht von irgend jemandes Protektion abhing, während es heute vielfach nur allzusehr darauf ankommt, ob der Betreffende das Glück hat, an einflußreicher Stelle bemerkt zu werden. Hiergegen haben wir erfolgreich gekämpft. Die Menschen arbeiten im allgemeinen, um sich hervorzutun. Sie gehen bei ihrer Arbeit von dem Gedanken aus, wenn sie nicht gelobt würden, sei es gleich, ob sie etwas gut oder schlecht oder gar nicht verrichten. Die Arbeit wird mitunter also Mittel zum Zweck. Die Aufgabe — die Ware — die besondere Art von Dienstleistung, um die es sich handelt, ist diesen Menschen nicht die Hauptsache. Wichtig ist ihnen das Vorwärtskommen, die Plattform, um sich auszuzeichnen. Die Gewohnheit, die Arbeit selbst als sekundären und die Anerkennung als primären Faktor zu betrachten, ist ungerecht gegen die Arbeit. Sie stellt die Arbeit hintan, und Anerkennung und Lob rücken an deren Stelle. Diese Gepflogenheit übt aber auch auf den Arbeitenden selbst einen schlechten Einfluß aus und erzeugt eine besondere Art von Ehrgeiz, der weder schön noch fruchtbringend ist. Sie züchtet den Typus Mensch, der von der Überzeugung ausgeht, daß sein Vorwärtskommen davon abhängt „daß er sich mit dem Chef gut stellt“ . Dieser Typ ist in jedem Betrieb vorhanden. Das Schlimme aber ist, daß unser augenblickliches System den Anschein erweckt, als kämen diese Menschen wirklich vorwärts. Werkführer sind schließlich auch nur Menschen.
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Natürlich fühlen sie sich geschmeichelt, wenn man sie glauben macht, daß sie das Wohl und Wehe ihrer Arbeiter in der Hand haben. Ebenso natürlich ist es, da sie der Schmeichelei zugänglich sind, daß ihre streberischen Untergebenen dies ausnützen, um dadurch vorwärts zu kommen. Dalier suche ich das persönliche Element so weit wie möglich zu eliminieren.
Für den Unbefangenen ist es außerordentlich leicht, bei uns vorwärtszukommen. Viele verstehen indessen zwar zu arbeiten, aber nicht zu denken, insbesondere nachzudenken. Diese Leute kommen so weit voran, als sie es verdienen. Ein Mann verdient vielleicht durch seinen Fleiß befördert zu werden, dennoch ist es unmöglich, weil es ihm an einem gewissen Führerelement mangelt. Wir leben in keiner Traumwelt. Ich glaube, in dem großen Siebungsprozeß unserer Fabrik landet jeder zum Schluß dort, wo er hingehört.
Niemals sind wir mit den Methoden, nach denen die verschiedenen Verrichtungen in den verschiedenen Abteilungen unserer Organisation gehandhabt werden, zufrieden. Wir glauben stets, daß sich alles besser machen läßt, und daß wir es schließlich besser machen werden. Der Andrang treibt letzten Endes den Befähigten an den Platz, der ihm zukommt. Vielleicht würde er ihn aber nicht erhalten, wenn die Organisation — ein Ausdruck, dessen ich mich nur sehr ungern bediene — starr wäre, und es eine gewisse, vorgeschriebene Routine, sowie ein automatisches Nachrücken gäbe. Wir haben jedoch so wenig Titel, daß jemand, der von Rechts wegen zu etwas Besserem zu gebrauchen wäre, dieses Bessere auch sehr bald erhält. Die Tatsache, daß kein Posten für ihn, frei“ ist, bildet kein Hindernis — denn eigentliche, Posten“ gibt es bei uns nicht. Wir haben keine fertig zurechtgestutzten Stellen — unsere besten Leute schaffen sich ihre Stellen selbst. Das fällt ihnen gar nicht schwer, denn Arbeit ist stets vorhanden, und wenn es einem nur darauf ankommt, für jemanden, der gern avancieren möchte, ein Arbeitspensum zu schaffen, statt einen Titel zu erfinden, hat es mit dem Avancement keine Schwierigkeit.
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Die Beföiderung ist auch mit keinerlei Formalitäten verknüpft; der Betreffende befindet sich plötzlich bei einer anderen Arbeit und bezieht ein anderes Gehalt.
Auf diese Weise hat sich unser gesamtes Personal in die Höhe gearbeitet. Der Fabrikleiter hat als Schlosser angefangen. Der Direktor des grollen River Rouge-Unternehmens war ursprünglich Modelltischler. Der Leiter einer unserer wichtigsten Abteilungen trat als Kehrichträumer bei uns ein. In unserm ganzen Betriebe findet sich keiner, der nicht ursprünglich einfach von der Straße her zu uns gekommen ist. Alles, was wir heute geleistet haben, ist von Männern geschaffen worden, die durch ihr Können den Befähigungsnachweis dazu erbrachten. Zum Glück sind wir von keinerlei Traditionen belastet, und wir beabsichtigen auch nicht, welche zu schaffen. Besitzen wir überhaupt eine Tradition, dann nur die eine:
„Alles läßt sich noch besser machen, als es bisher gemacht worden ist!“
Das Streben, alles stets besser und rascher zu erledigen als bisher, birgt für fast sämtliche Fabrikprobleme die Lösungen gleich in sich. Die Abteilungen schaffen sich ihre Position durch ihre Produktionsmenge. Menge und Kosten der Produktion sind zwei scharf zu unterscheidende Faktoren. Die Werkführer und Aufseher würden nur ihre Zeit vergeuden, wollten sie zugleich die Unkosten ihrer verschiedenen Abteilungen kontrollieren. Es gibt bestimmte laufende Ausgaben — wie z.B. Löhne, Boden- und Bauzins, Materialkoslen und dergleichen, die sie kontrollieren könnten. Daher künunern sie sich nicht darum. Was ihrer Kontrolle jedoch untersteht, ist die Produktionsmenge ihrer Abteilungen. Die Abschätzung erfolgt durch Division der fertig produzierten Teile durch die Zahl der dabei beschäftigten Arbeiter. Jeden Tag kontrolliert der Werkführer seine Abteilung, — die Zahlen sind ihm stets gegenwärtig.
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Der Aufseher hat ein Verzeichnis sämtlicher Resultate; ist in einer Abteilung etwas nicht in Ordnung, das Produktionsverzeichnis meldet es sofort, der Aufseher stellt seine Untersuchung an, und der Werkführer tummelt sich. Der Anreiz zur Vervollkommnung der Arbeitsmethoden beruht zum großen Teil auf diesem überaus primitiven System der Produktionskontrolle. Der Werkführer braucht durchaus kein Rechnungsführer zu seiuj — das erhöht seinen Wert als Werkführer um keinen Deut. Seine Obliegenheit sind die Maschinen und die Menschen seiner Abteilung. Die Produktionsmenge ist seine Richtschnur. Es liegt kein Grund vor, seine Kräfte auf anderem Gebiet zu zersplittern.
Ein derartiges Kontrollsystem zwingt den Werkführer einfach dazu, das persönliche Element — alles, außer der vorliegenden Arbeit — zu vergessen. Wollte er die Leute nach seinem Geschmack, statt nach ihren Leistungen auswählen, sein Abteilungsveizeichnis würde ihn sehr bald verraten.
Die Auslese ist nicht schwer. Sie erfolgt von selbst, trotz des vielen Geredes über den Mangel an Gelegenheit voiwärtszukommen — dem Durchschnittsarbeiter liegt eben mehr an einer anständigen Arbeit als an einer Beförderung. Kaum mehr als fünf Prozent all derer, die um Lohn arbeiten, sind gleichzeitig bereit, die mit einer Lohnerhöhung verbundene erhöhte Verantwortlichkeit und Arbeitsmenge auf sich zu nehmen. Selbst die Zahl jener, die sich zu Gruppenführern aufschwingen möchten, beträgt nur fünfundzwanzig Prozent, und die Mehrzahl von ihnen erklärt sich hierzu mir deshalb bereit, weil die Bezahlung eine bessere ist als an der Maschine. Leute mit einem Hang zur Mechanik, aber ängstlich vor eigener Verantwortlichkeit, gehen meist zu dei- Werkzeugherstelung über, in der die Löhne beträchtlich höher sind als in der eigentlichen Produktion.
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Die bei weitem überwiegende Majorität jedoch will dort bleiben, wo sie hingestellt ist. Sie will geführt werden. Sie will, daß man in jeder Beziehung für sie handelt und ihr die Verantwortung abnimmt. Daher besieht die Hauptschwierigkeit trotz des großen Angebotes nicht darin, die Beförderungsberechtiglen, sondern die Beförderungswilligen herauszufinden.
Es herrscht allgemein die Theorie, daß alle Menschen eifrig nach Beförderung streben, und viele hübsche Pläne sind auf dieser Annahme aufgebaut. Ich hingegen kann nur sagen, daß unsere Erfahrungen dieser Theorie widersprechen. Die bei uns eingestellten Amerikaner wollen zwar vorwärtskommen, streben aber durchaus nicht immer nach dem Höchsten. Die Ausländer sind im allgemeinen zufrieden, Gruppenführer zu bleiben. Warum, kann ich nicht sagen. Ich gebe hier nur Tatsachen wieder.
Wie gesagt, ein jeder hält bei uns die Augen offen über die Art und Weise unserer sämtlichen Verrichtungen. Besteht eine feste Theorie — eine feste Regel — nach der wir handeln, dann ist es der Glaube, daß alles noch lange nicht gut genug gemacht wird. Die gesamte Fabrikleitung ist Vorschlägen stets zugänglich, ja wir haben ein zwangloses System eingerichtet, nach dem jeder Arbeiter jede beliebige Idee weiterleiten und eine Aktion erzwingen kann.
Eine Ersparnis von einem Cent pro Stück kann mitunter außerordentlich lohnend sein. Bei unserer jetzigen Produktionsmenge wären das zwölftausend Dollar im Jahr. Eine eincentige Ersparnis auf jedem einzelnen Gebiet käme sogar auf viele Millionen pro Jahr. Unsere vergleichenden Kalkulationen werden daher bis zu dem tausendsten Teil eines Cents durchgeführt. Bringt die neue Methode irgendwelche Ersparnisse mit sich, die in angemessener Zeit, sagen wir innerhalb von drei Monaten, die Kosten der Neueinführung einbringt, so versteht es sich von selbst, daß sie duichgeführt wird. Diese Neuerungen beschränken sich jedoch keineswegs auf Einrichtungen zur Erhöhung der Produktionsmenge oder Herabsetzung der Kosten.
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Viele, vielleicht sogar die meisten dienen dazu, die Arbeit zu erleichtern. Wir wollen keine schwere, menschenverzehrende Arbeit — sie ist daher auch kaum bei uns vorhanden. Gewöhnlich stellt sich auch heraus, daß die Erleichterung der Arbeit für den Arbeiter zugleich eine Verminderung der Produktionskosten mit sich bringt. Anständigkeit und Rentabilität sind tatsächlich eng miteinander verknüpft.
Ebenso wird auf den letzten Bruchteil berechnet, ob es billiger ist, einen Teil zu kaufen oder ihn selbst herzustellen.
Die Ideen fliegen uns von allen Seiten zu. Von den ausländischen Arbeitern scheinen die polnischen am erfindungsreichsten zu sein. Einer, der nicht einmal Englisch konnte, gab zu verstehen, daß die Abnutzung geringer wäre, wenn man ein bestimmtes Gerät an seiner Maschine unter einem anderen Winkel einsetzte. Bisher hatte dieser Teil nur vier bis fünf Schnitte ausgehalten. Der Mann hatte recht. Am Schleifen wurde dadurch viel Geld gespart. Ein anderer, an einer Bohrmaschine beschäftigter Pole deichselte eine kleine Vorrichtung zurecht, um die Überarbeitung nach dem Bohren überflüssig zu machen. Diese Vorrichtung wurde überall eingeführt und bedeutete eine große Ersparnis. Die Leute probieren häufig kleine Erfindungen an unseren Maschinen aus, da sie gewöhnlich, wenn sie sich auf eine bestimmte Sache konzentrieren und Talent haben, schließlich doch irgendeine Verbesserung herausbringen. Die Sauberkeit der Maschine ist — obgleich die Instandhaltung nicht zu den Pflichten der Männer gehört — im allgemeinen ebenfalls ein Maßstab für die Intelligenz des an ihr beschäftigten Arbeiters.
Nachstehend einige dieser Ideen: Ein Vorschlag, die Gußstücke auf automatischem Wege durch eine Hängebahn von der Gießerei zur Fabrik zu schaffen, bedeutete eine Ersparnis von siebzig Mann in der Transportabteilung.
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Siebzehn Männer waren zu einer Zeit, da unsere Produktion noch kleiner war als heute, damit beschäftigt, die Getriebeteile zu glätten — eine harte, unangenehme Arbeit. Ein Arbeiter fertigte eine Skizze einer besonderen Maschine an. Sein Gedanke wurde ausgeführt und die Maschine gebaut. Heute bringen vier Mann das Vierfache von dem zustande, was die siebzehn leisteten — und haben überdies nur leichte Arbeit. Die Idee, eine Stange am Chassis zusammenzuschweißen, statt sie aus einem Stück anfertigen zu lassen, bedeutete bei einer wesentlich geringeren Produktion als heute eine sofortige Ersparnis von rund einer halben Million Dollar jährlich. Bestimmte Röhren aus flachem Eisenblech statt wie bisher aus gezogenem Eisen herzustellen, brachte gleichfalls eine enorme Ersparnis.
Die bisherige Herstellungsmethode einer bestimmten Vorrichtung erforderte vier verschiedene Verfahren, wobei 12% des dazu verwendeten Stahls als Abfall verloren ging. Zwar verwerten wir einen großen Teil unserer Abfälle und werden schließlich auch noch dazu kommen, alle zu verwerten, das ist aber kein Grund, um den Abfall nicht zu verringern — die Tatsache an sich, daß sämtliche Abfälle nicht glatter Verlust sind, ist keine hinreichende Entschuldigung für Nachlässigkeit. Einer unserer Arbeiter erfand eine neue überaus einfache Herstellungsmethode, bei der nur 1% Abfall übrig blieb. Ein anderes Beispiel: die Daumenwelle muß einer gewissen Wärmebehandlung unterworfen werden, um die Oberfläche zu härten; sämtliche Stücke gingen aber etwas verbogen aus dem Ofen hervor.
Selbst 1918 brauchten wir noch siebenunddreißig Mann, um die Schafte gerade zu richten. Eine Reihe von Leuten experimentierte wohl ein Jahr lang herum, bis sie einen Ofen erfunden hatten, in dem die Schafte nicht verbogen wurden. 1921 hatte die Produktion sich um vieles vermehrt, trotzdem genügten acht Mann für das ganze Verfahren.
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Außerdem haben wir das Bestreben, die Ansprüche an die Geschicklichkeit der Arbeitenden möglichst herabzusetzen. Unser alter Leiter der Härterei in der Werkzeugherstellungsabteilung war ein absoluter Meister seines Faches. Er mußte die richtige Temperatur abschätzen. Entweder er traf es, oder er traf es nicht. Es war ein glattes Wunder, daß es ihm so oft glückte. Die Wärmebehandlung beim Härten des Stahls ist eine hochwichtige Sache — alles kommt darauf an, ob man die richtige Temperatur trifft. Primitive Methoden versagen hier. Sorgfältige Berechnung ist nötig. Wir haben ein System eingeführt, nach dem der Mann am Glühofen nichts mit der Hitze zu tun hat. Er bekommt das Pyrometer — das Instrument, das die Temperaturen mißt — gar nicht zu Gesicht. Farbige Lichter dienen ihm als Signal.
Keine Maschine wird bei uns auf gut Glück gebaut. Der Grundgedanke wird jedesmal erst sorgfältig geprüft, bevor der erste Schritt zu ihrer Herstellung unternommen wird. Mitunter werden hölzerne Modelle gebaut oder die einzelnen Teile in voller Größe auf Tafeln gezeichnet. Wir halten uns an keine Tradition, wir überlassen aber auch nichts dem Zufall; so haben wir noch keine Maschine gebaut, die nicht funktionierte. Rund neunzig Prozent aller unserer Experimente sind geglückt.
Was wir im Laufe der Zeit an Können und Geschick hinzugelernt haben, verdanken wir alles unseren Leuten. Mein Glaube ist, daß Männer, wenn man ihnen Freiheit der Entwicklung und das Bewußtsein des Dienens gibt, stets ihre ganze Kraft und ihr ganzes Können selbst auf die geringfügigste Aufgabe verwenden werden.
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Version History & Notes
Version 1: Published Aug 6, 2015
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Notes
* Cover image is not in the original document.
* Images in text are not in the original document.
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Knowledge is Power in Our Struggle for Racial Survival
(Information that should be shared with as many of our people as possible — do your part to counter Jewish control of the mainstream media — pass it on and spread the word) … Val Koinen at KOINEN’S CORNER
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